Ökologischer Weinbau – eine Einführung

Die Ziele des Winzers – auch des Biowinzers – sind Menge, Qualität und gesunde Trauben. Diese Ziele möchte der Biowinzer im Einklang mit den Regelkreisläufen der Natur erreichen. Es geht immer darum, die Kräfte der Natur mit einzubeziehen.

Das Übergewicht einzelner Lebewesen wird in der Natur bekämpft. In der Natur wird eine Art, die überhandgenommen hat, wieder heruntergeregelt etwa durch Stärkung der Gegenspieler und Schwächung der Art selbst. So ist auch die Monokultur Rebe immer in Gefahr, von der Natur bekämpft zu werden. Deshalb geht es dem Biowinzer darum, der Monokultur durch Artenvielfalt im Weinberg zu begegnen, denn artenreiche Systeme sind stabiler.

Das Bestreben des Biowinzers ist es, das Agro-System Weinberg zu stärken. Alle Lebensbereiche im Weinberg sollen aktiviert werden. Dabei geht es um die Rebe (Stamm, Laubwand, Wurzeln), das Umfeld (z.B.Böschung)  die Bodenzone und den Boden. Tiere, wie z.B. Vögel, Insekten, Igel, Eidechsen und Hasen sind willkommen. 

 

Beobachtung

Grundlage ist eine sorgfältige Beobachtung – Beobachtung des Wetters, der Reben und der Umgebung:

  • Wie geht es dem Boden?
  • Wie ist der Weinberg in die Umgebung eingebettet?
  • Wann trocknen die Blätter ab?
  • Wie stehen die Blätter (Richtung, Glanz, Ordnung), die Triebspitzen? Wie geht es den Reben?
  • Wann brauchen die Reben Hilfe?


Bodenpflege

„Des Winzers Schritt, düngt den Boden mit.“

Die Muttererde macht ca. 15 cm der Erdoberfläche aus. Weltweit verschwindet jährlich so viel Muttererde, wie die gesamte Agrarfläche Deutschlands.

Die Sonnenenergie kommt über die Blätter und die Leitungsbahnen der Pflanze in den Boden. Die Wurzeln geben Nährstoffe als „Futter“ für das Bodenleben ab. Wo Wurzeln sind, entwickelt sich Bodenleben. Das Bodenleben wiederum schließt Nährstoffe im Boden auf bzw. produziert Nährstoffe für die Pflanzen. So kann die Bodenfruchtbarkeit ohne Zufuhr von außen erhalten bleiben. Die Rebwurzel allein reicht zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit nicht aus.

In einem Hektar Mutterboden können sich ca. 25 Tonnen lebende Organismen befinden. Eine Spatenanalyse gibt Aufschluss über die Fruchtbarkeit des Bodens. Dazu ein 30 cm tiefes spatenbreites und ca. 10 cm dickes Stück aus dem Boden nehmen. Beobachten: Krümelstruktur, Festigkeit; Durchwurzelung; Feuchtigkeit; Farbe.

 

Begrünung

Die Wurzeln sind pflanzenindividuell. Wurzelmasse, Wurzelvielfalt und Wurzelverteilung bestimmen die Vielfalt an Bodenleben. Gras allein bietet diese Vielfalt nicht. Die Anforderungen an eine Begrünung sind:

  • Durchwurzelungsvermögen: Menge und Verteilung
  • Leguminosen (z.B. Klee, Wicke) wurzeln tief und können Stickstoff bilden
  • Vielseitiger Pflanzenbestand aus 1 + 2-jährigen Pflanzen
  • Blühende Pflanzen – Insekten!
  • Futterpflanzen für Nützlinge
  • Für Steilhang niedrig wachsende Pflanzen

Eine gute Bodenentwicklung (Humus) verbessert auch die Fähigkeit des Bodens, Wasser aufzunehmen und zu speichern.

 

Bodenbearbeitung - Grünmanagement

Das Offenhalten des Weinbergs kann kurzfristig, z.B. bei einem Jungfeld oder bei großer Trockenheit, nötig sein. Jedoch gibt es bei jeder Bodenbearbeitung einen Humusverlust und eine Störung der Bodenvielfalt. Auch sollen die natürlichen Bodenschichten erhalten bleiben – also nur aufbrechen und nicht wenden. Durch Lockerung kommt Sauerstoff in den Boden, das ist gut für Bodenorganismen. Durch die Bodenbearbeitung werden Nährstoffe freigesetzt – das kann gezielt für wachstumsintensive Zeiten genutzt werden, etwa zur Rebblüte und zum Traubenschluss.

 

Pflanzengesundheit

Der Weinbau / die Landwirtschaft hat sich erst seit gut 150 Jahren zur industriellen Landwirtschaft entwickelt. Nach dem 1. Weltkrieg stand chemisch hergestellter wasserlöslicher Stickstoff zur Verfügung. Dann chemisch-synthetischen Spritzmittel seit dem 2. Weltkrieg und Herbizide nach dem Vietnamkrieg. Weinbau dagegen gibt es seit 5 000 Jahren. Gut fünf Generationen arbeiten jetzt konventionell – die Erfahrungen davor sind weitgehend ausgelöscht. 

Ein zentraler Bestandteil der ökologischen Bewirtschaftung ist der Verzicht auf chemischen Pflanzen-schutz:

  • Die Wirkungen sind unbekannt.
  • Es entwickeln sich Resistenzen.
  • Nahrungsketten (Nützlinge) werden unterbrochen.

Eine Durchlüftung des Weinbergs ist wichtig, deshalb kein Weinbau in Senken und keine dichten Hecken. Das schnelle Abtrocken der Blätter ist sehr wichtig. Morgensonne ist gut – jede Stunde weniger Blattnässe (z.B. auch durch Morgentau) verringert das Pilzwachstum.

Nicht Kampf gegen die Krankheiten, sondern Förderung der Gesunderhaltung ist ein Grundprinzip des ökologischen Land- und Weinbaus.

 

 

 

 

 

 

 

Pflanzenschutz

Ohne Pflanzenschutz gibt es in Deutschland keinen Ertrag. Insbesondere Oidium (echter Mehltau) und Peronospora (falscher Mehltau) stellen eine große Bedrohung da. Hier einige Hinweise zum Pflanzenschutz: 

  • 10 – 14 Behandlungen sind erforderlich, etwa zwei mehr als im konventionellen Weinbau.
  • Bewährt hat sich der BÖW-Beratungsdienst-Cocktail bestehend aus Kupfer, Schwefel, Wasserglas und Pflanzenstärkungsmittel.
  • Ergänzend und teilweise auch alternativ können Tonerde, Backpulver, Pflanzenpräparate und Öle eigesetzt werden.
  • Der Pflanzenschutz lässt sich auch mit Blattdüngung gegen Magnesiummangel verbinden
  • Für die Spritzbrühe immer Regenwasser verwenden.
  • Wichtig ist es, den Schutz vor einem Regen auszubringen.
  • Spritzbrühe ist am wirksamsten an der Unterseite der Blätter

 

 

Kupfer im Weinbau

Der Einsatz von Kupfer im ökologischen Weinbau wird als fragwürdig und unzeitgemäß angesehen. Kupfersulfate sind schwer abbaubare Schwermetalle. Kupfer wurde in den Jahren 1890 bis etwa 1940 noch bis zu 50 kg Kupfer pro Jahr und Hektar als Pflanzenschutzmittel zur Schaderregerbekämpfung im Weinbau eingesetzt. In Deutschland sind aktuell 3 kg Kupfer pro Jahr und Hektar die Obergrenze für Ökoweinbau.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Kupfer bis 6 kg /ha und Jahr nicht toxisch ist. Ökologisch bewirtschaftete Weinberge zeigen trotz des Kupfereinsatzes nachweislich eine größere Artenvielfalt. 

Klar ist, dass der Kupferverbrauch weiter sinken muss. Das FIBL hofft, 2022 ein Lärchenextrakt als Kupferersatz marktreif zu haben. 

Doch auch die Bewirtschaftung selbst spielt bei der Kupferreduktion eine zentrale Rolle. Angemessene Pflanzenernährung und eine gute Pflanzengesundheit erfordern weniger Kupfereinsatz. Gegenüber den chemischen Mitteln gegen den falschen Mehltau hat Kupfer den großen Vorteil, dass keine Resistenzen entwickelt werden.

 

Pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PIWI)

Pilzwiderstandsfähige Reben kommen ohne bzw. mit deutlich weniger Kupfer aus. PIWIs sind neue Züchtungen, die besonders widerstandsfähig gegenüber bestimmten Krankheiten (insbesondere gegen Oidium, Peronospora und Botrytis) sind. Deshalb benötigen PIWIs deutlich weniger Pflanzenschutzbehandlungen. Der Anbau von PIWIs reduziert so die Menge der benötigten Pflanzenschutzmittel und den zur Ausbringung erforderlichen Maschineneinsatz. Dies ist gerade auch für Steillagen ökonnomisch und ökologisch sehr interessant. 

Am Dossenheimer Ölberg werden u.a. Johanniter, Cabernet Blanc und Muscaris angebaut. Dabei handelt es sich auch geschmacklich um durchaus interessante neue Weine.

 

Biologisch-dynamischer Weinbau

Das Brot ernährt uns nicht, was uns im Brote speist ist Gottes ewiges Wort, ist Leben und Geist.

Angelus Silesius (1624-1677)

Der biologisch-dynamische Weinbau und die biologisch-dynamische Landwirtschaft gehen auf die Ideen des Anthroposophen Rudolf Steiner zurück. 

Der landwirtschaftliche Betrieb wird als ein Organismus verstanden. Wenn einzelne Teile eines Körpers nicht richtig funktionieren, hat dies Auswirkungen auf alles. 

Homöopathisch dosierte Präparate (Hornmist, Hornkiesel, Kompostpräparate, Pflanzen und Pflanzensamen) geben dem Boden Informationen und Impulse.

 

Recht

Ca. 7,5 % der Rebfläche in Deutschland werden ökologisch bewirtschaftet. Das sind 7.400 Hektar.

Die Begriffe „Bio“, "aus kontrolliert biologischem Anbau“  und „Öko“ sind durch das EU-Recht europaweit geschützt. Diese Begriffe dürfen ausschließlich für Produkte verwendet werden, die mindestens nach den Richtlinien der EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau angebaut werden und kontrolliert werden. Entsprechende Wein dürfen ab 2012 unter den Namen Ökologischer Wein, Öko-Wein, Bio-Wein oder Wein aus ökologischen bzw. biologischen Anbau vermarktet werden.

Die meisten Ökowinzer in Deutschland sind Mitglied in einem Verband zum ökologischen Weinbau / Landbau (Bioland, Demeter, ECOVIN, Naturland und bio kreis). Diese Verbände haben noch strengere Regeln als die EU-Richtlinien.

(Klein-)Winzer, die zwar nach den EU-Richtlinien für den ökologischen Landbau arbeiten, sich aber nicht zertifizieren lassen, dürfen die Begriffe „Öko“ und „Bio“  nicht verwendet.

 

Literaturempfehlungen

  • Pflanzensaft gibt Pflanzen Kraft - pflanzliche Gieß- und Spritzmittel für den Garten von der Abtei Fulda (1. Auflage 1983) 
  • Gerhardt Preuschen. Der ökologische Weinbau: Ein Leitfaden für Praktiker und Berater (Alternative Konzepte) 6. Überarbeitete und ergänzte Auflage, 1994
  • Wein aus Trauben – ökologischer Weinbau in Deutschland. Eine Broschüre der Verbände im ökologischen Weinbau. Arbeitsgruppe Ökologischer Landbau Rheinland-Pfalz / Saarland. Siehe auch www.weinaustrauben.de
  • Naturfreundliche Wingerte an der Bergstraße von Gerhard Röhner. Hrsg. vom BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald.
  • Naturschutz im Ökolandbau – Praxishandbuch für den ökologischen Ackerbau im nordostdeutschen Raum. Sarah Fuchs, Karin Stein-Bachinger. Bioland Verlags GmbH. 1. Aufl. 2008

 

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