Vogelschutz und Weinbau

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Und ich glaubte, ich hätte etwas Gutes getan! Stattdessen kam ein Bußgeldbescheid. Was mich noch immer ärgert, ist die Art und Weise, wie die Behörden reagierten. 

Grundsätzlich gilt: Wenn ich mich gegen Anzeigen und Bußgeldbescheide wehre, dann nicht, weil ich Regeln, Verbote oder die Einrichtung von Schutzgebieten ablehne. Die Flüsse in Deutschland wurden wieder sauberer, weil es behördliche Vorgaben und Kontrollen gibt. Der Klimaschutz braucht Regeln, Absprachen und deren Einhaltung. Gleichwohl können Gesetze, Regeln und Bußgeldbescheide nicht alles sein.

 

Die Chronik

Im Februar 2011 rodete ich ca. 150 qm Brombeeren, die eine aufgegebene Rebanlage überwuchert hatten. Seit 2008 schon pachte ich Grundstücke in der unmittelbaren Nachbarschaft. Vom Vogelschutzgebiet wusste ich bis dahin nichts. 

Im Mai 2011 pflanzte ich auf einen Teil des gerodeten Grundstücks 80 Reben. Die Neubepflanzung der Reben ist weinbaubehördlich genehmigt. Eine Teilfläche blieb Grünland; hier setzte ich zwei Bäume. 

Im April 2014 erhielt ich eine Androhung des Bußgeldverfahrens wegen Umbruch von Grünland oder Brachen mit nachfolgender Anlage von Rebflächen und erheblicher Beeinträchtigung eines Vogelschutzgebietes.

Im Mai 2014 nahm ich fristgerecht zur Anhörung Stellung:

       Ich pflanzte Reben nur dort, wo zuvor schon Reben angepflanzt waren. Das alte Drahtgestänge und die überwucherten Reben waren noch zu sehen.

       Das Gelände diente als Rückzugsort für Wildschweine. Nach dem Landeskulturgesetz ergibt sich eine Pflicht zur Pflege von Grundstücken.

       Die Bewirtschaftung erfolgte und erfolgt nach ökologischen Richtlinien ohne Herbizide, Insektizide und Kunstdünger. Das heißt: Es besteht ein günstiger Lebensraum auch für Vögel.

Im März 2015 kam ein Bußgeldbescheid über 328,50 € mit unverändertem Text wie in der Anhörung.  Ich legte Widerspruch ein:

       Die fast 2 Meter hohen Brombeeren wurden entfernt und damit eine Verbuschung beseitigt. Dies trug zur Offenhaltung der Landschaft bei, auf die bestimmte Vögel angewiesen sind.  

       Durch den ökologisch orientierten Weinbau mit Grünstreifen, Bäumen und Sträuchern betreibe ich extensiven Weinbau – ein Pflegeziel des Vogelschutzgebietes. 

       Durch die extensive, naturnahe Nutzung sehe ich eher eine Verbesserung gegenüber des früheren Zustandes. 

Im September 2016 wurde mein Einspruch aufgrund einer Stellungnahme der Fachbehörde abgelehnt. Die Fachbehörde nahm folgendermaßen Stellung:

       Ich hätte den Weinbau wieder nach längerer Brache aufgenommen „oder gar eine Neubestockung bisher nicht weinbaulich genutzter Grundstücke“ vorgenommen. Der Weinbau sei aber bereits im Übermaß vorhanden und stelle damit kein Pflegeziel dar.

       Bei meinem Grundstück hätte sich eine kleinflächige Brache entwickelt: ein Rückzugsraum für Vögel. Gerade ein Brombeerbestand zähle für den Neuntöter zu wichtigen Niststräuchern. (Anm.: Für mich ist dies völlig unverständlich, denn zwischenzeitlich wurden mit öffentlichen Geldern direkt oberhalb meines Grundstückes Brombeeren großflächig entfernt. Hier erfolgten Rückschnitte durch beauftrage Landschaftsgärtner und eine mehrjährige Ziegenbeweidung.)

       Die durchgeführten Baumpflanzungen dienten keiner Verbesserung, da sie nahe am Wege lägen und so die Vögel von Spaziergängern gestört würden.

Im September 2016 zog ich den Rechtsanwalt Christoph Knappe (RA_Knappe@t-online.de) hinzu. Er verlangte Akteneinsicht und plädierte auf Einstellung wegen Verjährung. 

Im März 2017 wurde die Verfahrenseinstellung abgelehnt. Mein Verteidiger nahm erneut Stellung.

Im Mai 2017 wurde ich zur Gerichtsverhandlung geladen. Der festgesetzte Termin der Gerichtsverhandlung wurde dann jedoch kurzfristig verschoben. 

Im Juli 2017 stellte das Gericht ohne Verhandlung die Verjährung fest. Das Verfahren wurde eingestellt, und meine Rechtsanwaltskosten wurden von der Staatskasse übernommen. 

 

Ende gut, alles gut? Mitnichten...

An dieser Stelle möchte ich einige grundsätzliche Überlegungen anstellen, die mein Eingangsstatement ergänzen. Die nachfolgende Aufzählung ist sicher nicht vollständig und abschließend. Über Anregungen und Austausch freue ich mich. 

1.    Mit Hilfe von Verboten kann vielleicht erreicht werden, daß Bäume nicht mehr gefällt werden. Mit Verboten alleine kann man aber keine Neupflanzung verordnen. Irgendwann fällt jeder Baum um, sei es durch Sturm, Krankheit oder Alter. Hier braucht es Aufklärung und Unterstützung, aber kein starres Korsett. Wir wissen, dass am Ölberg seit mehr als 1250 Jahren Wein angebaut wird. Es hat immer Zeiten gegeben, in denen es mehr oder weniger Weinbau gab. Es gab Klimaschwankungen, grassierenden Schädlingsbefall, wirtschaftliche und politische Krisen und Katastrophen … Ein behördliches, starres Veränderungsverbot geht am Ziel vorbei. Jede Generation will gestalten und braucht dazu Gestaltungsspielräume. 

2.    Ich habe auf den angrenzenden, von mir bewirtschafteten Flächen viele neue Bäume und Sträucher gepflanzt. Es gibt eingestreute Brachen, Hecken und einen alten Baumbestand. Aus meiner Sicht hätte man alle von mir bewirtschafteten Flächen betrachten sollen und nicht nur den Bruchteil Land (weniger als 10 %), auf dem ich die Rodung und Neubepflanzung vorgenommen habe. 

3.    Ich finde es etwas kurz gegriffen, wenn im Vogelschutzgebiet nur Nistplätze  “zählen“. Wichtig ist auch, dass genügend Futterquellen vorhanden sind. Ich bewirtschafte meine Flächen ohne Pestizide, Insektizide und künstlichen Dünger. 

4.    Ich habe nur dort Wein gepflanzt, wo bereits in früheren Zeiten Wein angebaut wurde.

5.    Wo kleinbäuerliche Landwirtschaft gemacht werden kann, sollte es getan werden. Regionale Produkte in kleinbäuerlichen Strukturen haben verschiedene Vorteile:
·   Sie tragen zur Erhaltung der Kulturlandschaft bei.
-   Sie machen lange Transportwege überflüssig.
-   Sie ermöglichen eine enge Produzenten-Konsumenten-Beziehung. 

6.    Nur eine Nutzung der Grundstücke sichert langfristig ihre Pflege. Ohne Weinbau, Garten- und Freizeitgrundstücke würde die Landschaft verbuschen.   

7.    Ich wünsche mir ein abgestimmtes Konzept. Neben landwirtschaftlicher Nutzung und der Nutzung durch Fußgänger und Freizeitsportler sollte es Flächen geben, die dem Vogel- und Naturschutz vorbehalten sind. Das können Grundstücke sein, die von Gemeinden gekauft und gepflegt werden oder auch Flächen von Privatleuten, die bei Bedarf unterstützt werden. Unterstützt – nicht bevormundet.  Gleichzeitig sollte bei Winzern und Gartenbenutzern das Interesse an machbaren Maßnahmen zum Naturschutz geweckt werden. 

Ich glaube, es gibt keinen Besitzer oder Verpächter, der die Natur am Ölberg bewusst kaputt machen will – er würde seine eigene Lebensgrundlage zerstören. Es ist manchmal notwendig, sich die Arbeit leichter zu machen und da können einzelne Böschungen, Hecken und Bäume sehr hinderlich sein. Gleichwohl sichern eine intakte Natur und ökologische Vielfalt die Ernten von heute und morgen. Gebt uns Informationen, zeigt uns gute Ansätze, lasst uns unsere Arbeit tun und sprecht mit uns!

Friede. So ein Verfahren kostet Nerven, immer wieder war ich nahe dran, alles hinzuwerfen. Gerne hätte ich mit Vertretern des Landratsamtes persönlich gesprochen. Ein Ortstermin hätte vielleicht einiges geklärt und Geld und Zeit gespart.

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